Nachhaltige Prozessverbesserung: Fünf Phasen

In vielen Unternehmen werden jährlich Budgets eingerichtet, um Prozesse auf den Prüfstand zu stellen und zu optimieren. Denn: Stillstand ist Rückschritt! Trotz alledem zählt es in Produktionsunternehmen zu den größten Herausforderungen, diese Prozessverbesserungen nachhaltig anzugehen. Die folgenden fünf Phasen helfen Ihnen, genau diese Herausforderung zu meistern, um nachhaltige Prozesse zu implementieren. Status quo und Zielzustand sind Ihnen hinreichend bekannt? Dann starten Sie ab Phase drei!

Eine nachhaltige Prozessverbesserung zählt in produzierenden Unternehmen zu den großen Herausforderungen.
Eine nachhaltige Prozessverbesserung zählt in produzierenden Unternehmen zu den großen Herausforderungen.

Phase 1: Status quo aufnehmen und analysieren

Wie für viele Vorhaben gilt auch beim Thema Nachhaltigkeit zunächst den Status quo aufzunehmen und die Situation zu analysieren: Wie laufen die Prozesse ab und welche Potenziale sind vorhanden? Spannende Fragen, die nicht selten zu überraschenden Ergebnissen führen. Eine solide Analyse beschäftigt sich dabei mit weit mehr als den Potenzialen im Prozess selbst. Sie berücksichtigt auch die Rahmenbedingungen, die z. B. in der Früh-, Spät- oder Nachtschicht vorherrschen und die Prozessabläufe möglicherweise stark beeinflussen. Solche Aspekte sollten Sie bei der Definition des Zielzustands unbedingt beachten.

Phase 2: Zielzustand definieren

Im Kontext der perfekten Produktion stehen die Bereiche Lean Management und Digitalisierung / MES im Fokus. Abgeleitet von strategischen Unternehmenszielen müssen die operativen Ziele beschrieben und mit dem Status quo abgeglichen werden.

Dazu zählen diese wesentlichen Aspekte:

  • Lean Management: Kostenreduzierung, Bestandsreduzierung, Vermeidung von Verschwendung, Komplexitätsreduzierung, Qualitätsverbesserung, Steigerung der Anlagennutzung, Stabilisierung der Prozesse
  • Digitalisierung / MES: systemgestützte Datenerfassung, Transparenz, Informationsbereitstellung, Standardisierung der IT-Landschaft, Vermeidung von Informationsschnittstellen und manueller Routinetätigkeiten, Reduzierung der Papierflut

Für das Definieren der Ziele bietet die SMART-Methode eine gute Orientierung. Demnach müssen Ziele folgende Kriterien erfüllen: Spezifisch, Messbar, Erreichbar, Angemessen, Terminiert (1). Sobald die Ziele definiert sind, heißt es, diese den Mitarbeitenden zu kommunizieren und Zielvereinbarungen zu treffen.

Phase 3: Messbarkeit herstellen

Nachdem Sie die Ziele definiert haben, ist es wichtig, die richtigen Kennzahlen auszuwählen, um die Ziele zuverlässig zu messen. Denn nur so können Sie den aktuellen Zustand objektiv beurteilen. Messwerte, die die Prozessgüte oder das Prozessergebnis beschreiben und durch den Adressaten beeinflusst werden können, eignen sich grundsätzlich als Kennzahlen zum Optimieren und Stabilisieren der Prozesse und damit zum Erreichen der Ziele.

Dank der Digitalisierung lässt sich u. a. das Erfassen der Daten automatisieren. So sind die Messwerte sofort verfügbar – ohne Zusatzaufwand im Prozess. Wenn nun noch die Messwerte und Kennzahlen sauber definiert sind und das Team entsprechend geschult wird, sind wichtige Voraussetzungen erfüllt, um eine hohe Akzeptanz der Mitarbeitenden zu erreichen.

Für den Themenbereich Lean Management sind viele Kennzahlen hinreichend bekannt. Etwas kniffliger sieht es bei der Digitalisierung aus. Doch mit unserer Erfahrung aus zahlreichen Projekten können wir sagen, dass die folgenden Kennzahlen für die Digitalisierung in der Produktion und in den produktionsnahen Unterstützungsfunktionen aufschlussreich sind:

  • Standardisierungsgrad
  • Digitalisierungsgrad
  • Anzahl der eingesetzten Systeme und IT-Tools

Der Fokus auf diese Kennzahlen hilft, die Ziele der Digitalisierung (vgl. Phase 2: Zielzustand definieren) zu erreichen. Leider wird das in der Praxis häufig vernachlässigt. Indem Sie Phase 4 beherzigen, können Sie diesem Problem aus dem Weg gehen.

Phase 4: Regelkreise aufbauen

Wenn die Ziele klar sind und sich verlässlich messen lassen, kommen wir zum Herzstück auf dem Weg zur nachhaltigen Prozessverbesserung, dem Aufbau funktionierender Regelkreise.

Dafür gibt es zwei Erfolgsfaktoren:

  1. Die Regelkreise müssen richtig aufgesetzt werden. Sie dürfen die Komplexität nicht weiter erhöhen, sondern sollten einfach und praktikabel gestaltet sein. Dazu gehört zum Beispiel, dass Kennzahlen ohne langwierige Auswertungen per Knopfdruck verfügbar sind oder die richtigen Adressaten involviert sind, die selbstständig Dinge beeinflussen können.
  2. Die Menschen müssen die Regelkreise durch ihren Input mit Leben füllen und kontinuierlich am Laufen halten.

Kurzum: Nun geht die ganze Arbeit erst richtig los! Sie müssen die Messergebnisse mit den Zielwerten vergleichen und Korrekturmaßnahmen einleiten, falls negative Abweichungen vorliegen.

Im Themenbereich Lean Management können Unternehmen häufig enorme Verbesserungen erzielen, indem Lean Methoden in Workshops angewendet werden. Mithilfe von Regelkreisen und durch das aktive Einbinden der Mitarbeitenden muss das Unternehmen nun daran arbeiten, diese Ergebnisse dauerhaft zu realisieren und sukzessive zu verbessern. Dafür eigenen sich zum Beispiel standardisierte Prozesse, KVP (Kontinuierlicher Verbesserungsprozess) und PDCA (Plan – Do – Check – Act). Kommt es zu Abweichungen, müssen diese zeitnah erkannt und Abstellmaßnahmen definiert werden. Ein gut aufgesetztes Shopfloor Management eignet sich bestens für diese Aufgaben.

Im Bereich der Digitalisierung geht es im Wesentlichen darum, die Mitarbeitenden durch systemgestützte Prozesse zu unterstützen und Routinetätigkeiten zu automatisieren. Dazu werden funktionale Anforderungen in der IT-Landschaft bereitgestellt. Stehen die neuen Funktionen zur Verfügung, muss natürlich auch hier die Zielerreichung hinsichtlich Nutzung, Arbeitserleichterung und Akzeptanz überprüft werden.

Phase 5: Auditierung

Alles unterliegt einem stetigen Wandel – auch die Prozesse in der Fertigung. Auslöser sind sich ändernde Rahmenbedingungen. Denken Sie nur an neue Kunden mit neuen Produkten, neue Maschinen, neues Material von neuen Lieferanten oder neue Mitarbeitende. Regelkreise und zyklische Audits sichern ab, dass die Prozesse und Rahmenbedingungen zeitnah an diese Veränderungen angepasst werden können.

Mit den folgenden Fragen gehen Sie der Nachhaltigkeit auf den Grund:

  • Greifen die Regelkreise und werden bei Abweichungen Maßnahmen ergriffen?
  • Werden die Standards in den Prozessen eingehalten, und zwar durchgängig in allen Bereichen und auf allen Schichten?
  • Werden die erfassten Daten analysiert und dienen als Grundlage für eine datenbasierte Prozessverbesserung?

Besetzen Sie die Auditteams interdisziplinär mit Teilnehmenden aus anderen Bereichen oder ergänzen Sie die Teams durch externe Berater. Denn Prozessfremde stellen oft die besten Fragen, sind nicht betriebsblind und können somit wertvolle Anregungen liefern und weitere Potenziale aufzeigen. Last but not least müssen die Erkenntnisse aus den Audits in die Regelkreise zurückgespielt werden. So werden die Audits zu einem wertvollen Instrument, wenn Sie ein nachhaltiges Prozessmanagement mit den entsprechenden Prozessverbesserungen anstreben.

Die fünf Phasen der nachhaltigen Prozessverbesserung im Überblick.
Die fünf Phasen der nachhaltigen Prozessverbesserung im Überblick. Perfect Production vermittelt im Strategieworkshop Nachhaltigkeit Inhalte aus den Bereichen Lean Management, Digitalisierung/MES und Changemanagement. Darauf aufbauend wird eine unternehmensspezifische Roadmap zur kontinuierlichen Prozessverbesserung erarbeitet.

Nachhaltige Prozesse immer im Blick

Viel zu häufig kommen Veränderungsprozesse nach der Ergebnispräsentation im Pilotbereich zum Stillstand und verschwinden von der Agenda, ohne dass die Potenziale ausgeschöpft werden. Denn im Arbeitsalltag gewinnen plötzlich andere Themen an Bedeutung, es kommen neue Projekte hinzu und schlussendlich fehlt einfach die Zeit, um alle Aufgaben angemessen zu erledigen. Fehlen noch dazu die Regelkreise und die Fokussierung, entscheidet sich daran, ob die Neuerungen aus dem Pilotstatus heraus in die tägliche Arbeit übernommen werden oder nicht. Die gezeigten Phasen helfen, dass die Projekte im Fokus bleiben, der aktuelle Status transparent ist und aktiv an den Optimierungen gearbeitet wird. Und nur dadurch kann eine nachhaltige Prozessverbesserung erzielt werden.

Sie möchten in Ihrem Unternehmen nachhaltige Prozesse schaffen und benötigen dabei Unterstützung? Die Perfect Production GmbH begleitet Sie auf Ihrem Weg zur Prozessverbesserung!

Praxisbeispiel Rüstzeitreduzierung

Bei der SMED-Methode (SMED = Single Minute Exchange of Die) wird der Rüstprozess mit dem Ziel analysiert und optimiert, die Rüstzeiten zu verkürzen. Indem die Rüstzeit gemessen wird und Regelkreise sicherstellen, dass Veränderungen im Rüstprozess berücksichtigt werden, wird die Nachhaltigkeit sichergestellt. Solche Aufgaben kann ein Manufacturing Execution System (MES) übernehmen. Darin werden zum Beispiel Rüstzeiten erfasst, rückgemeldet und nachvollziehbar dokumentiert. Dank der so entstandenen Transparenz werden Abweichungen schnell erkannt: Planer können sofort reagieren und wenn nötig gegensteuern, Mitarbeitende haben eine Erfolgskontrolle.

Der Nutzen kürzerer Rüstzeiten:

  • Die eingesparte Rüstzeit an der Maschine schafft mehr Maschinen- und Produktionskapazität. Das führt zu einer besseren Anlageneffektivität, einer steigenden Produktivität und somit zu einem höheren OEE-Index.
  • Optimierte Rüstzeiten ermöglichen variantenreiche Produktprogramme: Durch kürzere Rüstzeiten lässt sich die Rüsthäufigkeit erhöhen, ohne dabei Maschinenkapazität zu verlieren. Häufigeres Rüsten erlaubt kleinere Losgrößen und somit eine steigende Flexibilität. Zugleich werden die Lieferzeiten und Lagerbestände reduziert.

Quelle: (1) SMART (Projektmanagement) – Wikipedia (abgerufen am 24.02.2022) Peter F. Drucker: People and Performance: The Best of Peter Drucker on Management. Harper’s College Press, New York 1977, ISBN 0-434-90400-7

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