Mittlerweile ist der Begriff „Digitaler Zwilling” oder auch „Digital Twin” als Modewort in vielen Bereichen der Kommunikation angekommen. Definitionen gibt es viele und mit unterschiedlichen Ausrichtungen. Daher weiß auch kaum jemand, was wirklich mit dem Digitalen Zwilling gemeint ist und was dieser leisten kann. Da der Digitale Zwilling für die Fertigungs-IT von großer Bedeutung ist, zeigt dieser Beitrag auf, was MPDV darunter versteht und welchen Nutzen Anwender damit erzielen können. Innerhalb des MPDV Produktportfolios kommt der Digitale Zwilling hauptsächlich im Zusammenhang mit der Manufacturing Integration Platform (MIP) zum Tragen: Dort lebt der Digitale Zwilling der Fertigung.
Woher stammt eigentlich der Begriff „Digitaler Zwilling”? Oftmals verortet man die Geburt des Begriffs im Apollo-Raumfahrt-Programm der 1960er Jahre – Sie erinnern sich, es ging um den ersten Flug zum Mond. Damals baute man die Raumfähre, die auf dem Mond landen sollte, zweimal – einmal als fliegendes Original im Weltall und einmal als Kopie auf der Erde. Große Teile der Kopie wurden nicht real gebaut, sondern lediglich simuliert. Damit konnte sowohl das Verhalten als auch der Umgang mit Störungen auf der Erde ausprobiert werden, ohne die Astronauten auf dem Mond zu gefährden. In gewissem Maße liegt dieses Konzept auch dem heutigen digitalen Zwilling zugrunde.
Aktuelle Definition des digitalen Zwillings
IBM definiert den digitalen Zwilling zum Beispiel wie folgt: „Ein digitaler Zwilling ist die virtuelle Abbildung eines Objekts oder eines Systems. Diese Abbildung umfasst seinen gesamten Lebenszyklus, wird aus Echtzeitdaten aktualisiert und setzt Simulation, maschinelles Lernen und Schlussfolgerungen als Unterstützung zur Entscheidungsfindung ein.“ Andere Experten sprechen von einer digitalen Repräsentanz, einem digitalen Schatten oder von einem Avatar. Eines haben die meisten Definitionen jedoch gemeinsam: Es geht darum, Daten und Informationen eines Objekts bzw. Assets in der digitalen Welt verfügbar zu machen und darauf basierend sein Verhalten simulieren zu können.
Digitaler Zwilling der Fertigung
Genau das braucht es auch in der Smart Factory. Sowohl die Maschinen und Werkzeuge als auch die Produkte in ihren unterschiedlichen Stadien müssen digital abgebildet werden. Nur so kann die Fertigung transparent werden. Vor der allgemeinen Digitalisierung verwendete man jede Menge Papier, um Informationen auszutauschen. Die moderne Technologie macht es möglich, die Produktion in Echtzeit abzubilden – digital, automatisiert und ganz ohne Papier. Der digitale Zwilling stellt dafür ein passendes Konzept dar. Genauer gesagt sind es mehrere digitale Zwillinge, die unterschiedliche Aspekte der Produktion abbilden. Damit aus einem virtuellen Abbild ein echter Zwilling wird, braucht es folgende Eigenschaften und Funktionen:
- Ausreichend detailgetreue Nachbildung des Assets und dessen Verhalten
- Ständiger Austausch mit dem realen Asset bzw. System
- Bidirektionale Verbindung zum Übermitteln von Steuerkommandos
- Standardisierte Interaktionsschnittstellen
- Bestmögliche Erreichbarkeit und Verfügbarkeit
- Gesicherter Zugriff
Semantisches Datenmodell
In der Smart Factory kommunizieren sowohl unterschiedliche Anwendungen mit den digitalen Zwillingen als auch die digitalen Zwillinge untereinander. Damit das funktioniert, braucht es eine standardisierte Struktur und idealerweise auch einfache Wege, um auf Daten und Dienste zuzugreifen. Dafür eignet sich ein semantisches Datenmodell (auch Unified Namespace genannt), das sowohl die Daten und Dienste selbst als auch deren Beschreibung enthält. So weiß jede Anwendung, was die jeweiligen Daten bedeuten bzw. was der Dienst leistet. Kennt jeder Teilnehmer der Smart Factory dieses Modell, so können vernetzte und interoperable Lösungen entstehen und für mehr Effizienz sorgen.
Integrationsplattform MIP
Eine Möglichkeit, den digitalen Zwillingen der Fertigung einen Lebensraum zu geben, ist eine Integrationsplattform. In der Manufacturing Integration Platform (MIP) von MPDV ist die Virtual Production Reality (ViPR) dafür zuständig, dass alle digitalen Zwillinge gespeichert sind und Anwendungen unterschiedlicher Anbieter darauf zugreifen können. Für die Fertigungsindustrie ist die MIP quasi das Betriebssystem der Smart Factory. Hier können Anwendungen, Systeme und Dienste nahtlos miteinander interagieren. Basis dafür ist das Konzept des digitalen Zwillings.
Zu den Anwendungen, die den digitalen Zwilling nutzen, gehören sowohl Lösungen von MPDV wie das Manufacturing Execution System (MES) HYDRA X und das Advanced Planning and Scheduling System (APS) FEDRA als auch mApps von MIP-Partnern. Letztere finden Sie im MIP Marketplace.